Loslassen lernen – der Schlüssel zum Glück (Teil 1)

4 Gründe, warum du nicht loslassen kannst

Eine der schwierigsten Lektionen im Leben ist das Loslassen, ob es sich um Liebe, Wut, Schuld, Verlust oder Verrat handelt –  Loslassen ist für viele Menschen nicht einfach. Wir kämpfen und halten an Menschen, Dingen, Situationen fest, obwohl sie uns oft gar nicht mehr guttun. Warum fällt uns loslassen so schwer?

Buddha sagte: „Die Ursache von Leid ist die Anhaftung.“

Häufig sehe ich Klienten, die noch Jahre später Ärger, Wut oder Trauer über längst vergangene Ereignisse, vergangene Beziehungen, verlorene Träume, Enttäuschungen und Verletzungen etc. mit sich herumtragen. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.  Je älter wir werden, desto größer wird der emotionale Ballast, den wir mit uns herumtragen.

Loslassen kann sehr herausfordernd sein und doch ist es gleichzeitig das Einzige, was uns frei macht.

Denn was passiert, wenn wir nicht loslassen? Dann verharren wir weiter in einer Situation, die uns körperlich und seelisch schadet.

Unsere Gedanken kreisen weiterhin ständig um das Ereignis in der Vergangenheit. Damit werden auch die damit verbundenen belastenden Gefühle (z. B. Schmerz, Wut, Trauer, Scham, Schuld etc.) aufrechterhalten.

In Folge kann dies zu psychosomatischen Beschwerden (z.B. Kopfschmerzen, Allergien etc.) führen, zu ernsthaften physischen Erkrankungen oder womöglich Suchtverhalten, Depressionen oder Panikattacken.

Wie schwer vielen von uns das Loslassen fällt, verdeutlicht die nachfolgende Zen-Geschichte.

Eine kleine Zen-Geschichte übers Loslassen

Zwei Mönche waren auf der Wanderschaft zurück zu ihrem Kloster. Sie kamen an einen Fluss. Dort stand eine junge Frau mit wunderschönen seidenen Kleidern. Sie wollte über den Fluss, doch da das Wasser sehr tief war, konnte sie den Fluss nicht durchqueren, ohne ihre Kleider zu beschädigen.

Den Mönchen war körperlicher Kontakt zu Frauen verboten, doch trotzdem  ging der ältere Mönch auf die Frau zu, hob sie auf seine Schultern und watete mit ihr durch das Wasser. Auf der anderen Flussseite setzte er sie trocken ab.

Nachdem der junge Mönch auch durch den Fluss gewatet war, setzten die beiden schweigsam ihre Wanderung fort. Der junge Mönch wurde unruhig. Am Ende des Tages als sie ihr Lager für die Nacht aufschlugen, fing er an, den anderen zu kritisieren: “Du weißt schon, dass das, was du getan hast, nicht richtig war, nicht wahr? Du weißt, wir dürfen keinen nahen Kontakt mit Frauen haben. Wie konntest du nur gegen diese Regel verstoßen?“

Der ältere Mönch hörte sich die Vorwürfe des anderen ruhig an. Dann antwortete er: „Ich habe die Frau nur für ein paar Minuten getragen – du aber trägst sie immer noch mit dir herum. “

Die Geschichte lädt dazu ein, darüber nachzudenken, wie lange du bereit bist deine Vergangenheit mit dir „herumzutragen“.

 

“Heilung bedeutet nicht, dass es niemals Schmerz oder eine Verletzung gegeben hat. Heilung bedeutet, dass dieser Schmerz nicht länger unser Leben kontrolliert.“

Warum können wir Menschen Vergangenes nicht einfach loslassen, wie die Bäume im Herbst ihre Blätter. So betrachtet, scheint loslassen doch viel einfacher und müheloser als Festhalten.

Die negative Erfahrung aus der Vergangenheit (das Trauma, der Fehlschlag, die Krise, der Verlust) ist vorbei. Im Grunde könnten wir all das hinter uns lassen und neu beginnen.

Aber wir tun es nicht. Wir klammern uns an Gewohntes, gehen den Weg des Widerstands und bleiben in unserem gedanklichen Gefängnis sitzen, obwohl die Türen oft schon seit Jahren offen stehen.

„Lass doch einfach los, dann geht’s Dir gut“ … sagen die anderen.

„Ich schaff’s nicht“ … sagst Du, und bist noch verzweifelter.

Musst Du aber nicht. Denn es gibt Gründe, warum du noch nicht loslassen kannst. Sie zu erkennen und verstehen, bereitet den Weg in die Freiheit


Warum fällt LOSLASSEN so schwer?

 

1. Komfortzone/Sicherheit

Sicherheit ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis. Unser Verstand liebt das Vertraute und meidet das, was ihm nicht bekannt ist. Gewohnte Pfade zu verlassen ist nicht sein Ding. Jeder, der schon einmal freiwillig versucht hat, eine lästige Gewohnheit aufzugeben, weiß, dass das schwierig sein kann.

Hinzu kommt, dass unser Verstand nicht als Einheit funktioniert. Er hat miteinander konkurrierende Anteile. Das Stammhirn als ältester Teil unseres Gehirns ist vor allem dafür zuständig, unser Überleben zu sichern und dabei sucht es möglichst nach genügend Sicherheit und Kontrolle in unserem Leben. Veränderung und Loslassen passt so gar nicht dazu. Unser Stammhirn hat keinerlei Motivation, uns beim Loslassen zu unterstützen.
Es reagiert reflexartig und weist alles Unbekannte von sich. Gegen die reflexartigen Reaktionen des Stammhirns kann der Neocortex (der analytisch denkende Teil des Gehirns) zunächst nichts ausrichten. Loslassen ist in so einer Situation undenkbar.
Kommen noch Gefühle der Abwehr und Ablehnung hinzu, die dem limbischen Teil des Gehirns zuzuordnen sind, sträubt sich etwas in uns, auch nach dem der erste Schock vorbei ist, los zu lassen. Obwohl die Einsicht da ist, dass es besser wäre, eine Sache, einen Gedanken aufzugeben, bringt uns nichts in der Welt dazu dies zu tun, weil in unserem Gehirn ein Kampf zwischen Gefühlen und Einsicht stattfindet.

2. Gefühle wurden nicht gefühlt

Überallhin, nur nicht hierher,
Lassen Sie mich alles vergessen,
Das ich gewesen bin,
Erfinden Sie meine Vergangenheit,
Geben Sie der Nacht einen Sinn.

– Michel Houellebecq, aus: Gestalt des letzten Ufers

 

Vor dem Loslassen kommt das Zulassen. Doch häufig wollen wir einfach nur vergessen. Schnell weg! Nicht hinschauen und schon gar nicht fühlen. Auf diese Weise versuchen wir dem Schmerz zu entkommen. Das führt jedoch zu noch mehr Druck und Leid. Denn Gefühle verschwinden dadurch nicht einfach. Sie melden sich immer wieder – nachdrücklich.

Gefühle wollen wahrgenommen und angenommen werden – eben gefühlt werden. Und nein, dass heißt nicht, seinem Umfeld monatelang mit seinen Problemen auf die Nerven geht. Beim Reden bist du nämlich wieder im Kopf und nicht im Spüren und Fühlen.
Nur Gefühle, die gehört, wahrgenommen und gespürt werden, können sich eines Tages verabschieden. Und fühlen tun wir im Körper und nicht in unserem Kopf.

Manchmal will der alte Schmerz – bevor er zum Abschied bereit ist – dass wir ihn nicht nur wahrnehmen, sondern etwas von ihm lernen.

Was kannst du beim nächsten Mal anders machen?

3. Angst vor dem Loslassen

Im ersten Moment wird Loslassen von vielen Menschen mit etwas Negativem verbunden. Loslassen bedeutet dann Aufgeben, Verlieren und etwas weggeben. Dadurch können negative Glaubenssätze in Bezug auf das Loslassen entstehen wie z.B.

„Wenn ich jetzt loslasse, kommt mein Partner/in nie zurück“, oder vielleicht passiert sogar noch etwas viel Schlimmeres („Wenn ich meine Sorgen loslasse, wird das Leben mich bestrafen.“)

Eine der größten Ängste bezüglich des Loslassens ist die Vorstellung, mit den negativen Gefühlen gleichzeitig auch alle positiven Gefühle und Erinnerungen loszulassen (besonders wenn es sich um eine Beziehung zu einem Menschen handelt).

Diese Angst aber ist schlichtweg falsch. Denn genau das Gegenteil ist der Fall. Umso mehr du schlechte Gefühle loslässt, umso mehr Raum schaffst du für die guten Gefühle.

Oder hast Du möglicherweise ein schlechtes Gewissen und glaubst, das Loslassen nicht zu verdienen („Ich bin schuld und es ist nur gerecht, wenn ich bis in alle Ewigkeit darunter leide?“

Welche Glaubenssätze trägst du in dir?

4. Die Menschen in deiner Umgebung

Wenig bestimmt so sehr über unser inneres und äußeres Leben, wie die Menschen, die uns am nächsten sind.

Der Trainer und Redner Jim Rohn sagte: „Du bist der Durchschnitt der 5 Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst“

Wir sind ungefähr so fit oder dick wie der Durchschnitt dieser fünf Menschen.
Wir sind ungefähr so gestresst oder entspannt. Wir sind ungefähr so zufrieden mit uns, unserer Arbeit und unserem Leben. Wir tun ungefähr dasselbe. Wir denken ungefähr dasselbe usw.

Leben die Menschen in deiner Umgebung überwiegend in der Vergangenheit, jammern und beklagen sich über vergangene Ereignisse und schwelgen in Erinnerungen an alte Zeiten?

Oder träumen sie ständig von einem ganz anderen Leben, ohne aktiv etwas dafür zu tun?

Mit anderen Worten, wehren sich alle um dich herum gegen das Jetzt, dann beeinflusst das, deine Fähigkeit mit Dingen abschließen bzw. sie loslassen zu können.

Wie verhält es sich mit den Menschen in deinem Umfeld?

Was aber nun bringt uns dazu, etwas los zu lassen?
Meist ist es der eigene Leidensdruck, der Menschen dazu bewegt, etwas anzupacken und in ihrem Leben zu verändern und nicht nur darüber nachzudenken.

Folgende Fragen helfen dabei den richtigen Weg auszuloten:

Was ist mir wichtig? Wo will ich hin? Und warum habe ich bisher noch nichts verändert?
Bis du dir sicher, dass es höchste Zeit für eine Veränderung ist, dann bringt es nichts, tausende Male im Kopf darüber nachzudenken. Dann ist es Zeit, ins Handeln zu kommen.

Wie Loslassen gelingen kann, zeige ich in meinen nächsten Blogartikel.

Anne Lissmann
Heilpraktikerin für Psychotherapie – Hypnosetherapeutin – Rapid Transformational Therapist

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